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Der „Mythos Sicherheit“, von jeher ein „Märchen“

Kōno Tarō – Mitglied des japanischen Unterhauses

Quelle: Asahi Shinbun, 5.5.2011

übersetzt von: Roman Thuar (Universität Leipzig)


Kein Platz für nuklearen Abfall

Sie sind einer der wenigen Fürsprecher des Atomausstiegs innerhalb der Liberaldemokratischen Partei.

„Der zweifelhafteste Punkt ist, dass man die Zahl der Atomkraftwerke erhöhen wollte, obwohl es in Japan keinen Platz gibt, um verbrauchte Kernbrennstoffe, wie etwa den landläufig als Atommüll bezeichneten, hochgradig radioaktiven Abfall einzulagern.“

Durch 3/11 ist der Sicherheitsmythos der Atomkraft in sich zusammengefallen.

„Eigentlich war das schon immer eine Art Märchenwelt. Der Großteil der Mitglieder der für die Einschätzung von Tsunami verantwortlichen Abteilung des Komitees der Atomkraft-Ingenieur beim Bauingenieursverband wird von Stromkonzernen gestellt. Wie können diese Leute, obwohl sie, sich selbst bereichernd, Tsunami-Maßnahmen ausarbeiten, jetzt nur sagen, dass all das außerhalb jeglicher Vorstellung lag?“

Wie wurde dieser Mythos denn erschaffen?

„Im Grunde geschah das durch die LDP, das Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie und die Stromkonzerne. Die LDP erhielt von den Stromkonzernen Gelder und richtete in den Gemeinden der Standorte ein System ein, das Subventionierung erleichterte. Das Ministerium lässt sich durch das Geld der Stromkonzerne den Aufbau einer gemeinnützigen Körperschaft bezahlen, in die dessen Mitarbeiter nach ihrer Pensionierung einsteigen können. Zusammen mit Unternehmen wie Tōshiba oder Hitachi haben auch Industriekreise, wie etwa Bauunternehmen, die Errichtung von Atomkraftwerken unterstützt. Stromkonzerne sponsern universitäre Forschung und produzieren Regierungsgelehrte, die ausschließlich das Passende sagen. Die enorme Werbegelder einnehmenden Massenmedien lassen in ihrer Kritik nach, man bettet sich sozusagen neben dem großen Übel. Der ‚Mythos Sicherheit‘ ist ein Produkt der Pentagon-Konstellation aus Politik, Bürokratie, Industrie, Wissenschaft und Medien.“

Verzerrung der Administration durch Vorrechte

Innerhalb der LDP gibt es eine Bewegung, um Tepco und die Atomkraft zu schützen.

„Sie meinen die Konferenz von Amari Akira. Da sitzen Leute aus der Unterstützerfraktion in einer Reihe, bis hin zum zurückgetretenen Kanō Tokio. Bei der nächsten Wahl bleibt uns nichts als solche Abgeordneten abzusetzen. Es bedarf der Wachsamkeit des Volkes. Am 11. März ist die Eiterblase, um deren Verdeckung man stets bemüht war, vollständig geplatzt. Was die LDP tun sollte, ist um Verzeihung zu bitten. Sie hat nämlich durch ihre Vormacht die Atomkraft-Politik verzerrt. Yosano Kaoru, der dem ehemaligen Premierminister und Antreiber der Atomkraft-Politik, Nakasone Yasuhiro, nahesteht, ist Mitglied der Regierung. Yosano äußerte klar, dass er Tepco schützen wolle.“

In einer Meinungsumfrage spricht sich die Hälfte für die Aufrechterhaltung des Status quo der Atomkraft aus.

„Es werden halt keine korrekten Informationen übermittelt. Wenn wir die Atomkraft mit Zeit und Augenmaß aufgeben, dann wird sich der Einfluss auf das Leben des Volkes in Grenzen halten. Atomkraft ist nicht umweltfreundlich. Obwohl erneuerbare Energien im Ausland zunehmen, werden sie in Japan durch Leute wie Kanō als eine Behinderung für die Atomkraft abgeschmettert. Würde das Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie auch die Informationen akkurat veröffentlichen, die es nicht herausgeben möchte, würde sich die öffentliche Meinung ändern.“

Wie denken Sie über die Problematik der Entschädigungen durch Tepco?

„Das Geld für die Entschädigungen wird auf alle Fälle auf die Stromgebühren draufgeschlagen. Soll das Volk diese Last tragen, dann keinesfalls unter der Voraussetzung, dass Tepco weiter besteht. So sehr die sich auch sträuben werden, müssen sie bis auf den letzten Cent Entschädigungen zahlen.“

 


Kōno Tarō (geb. 1963) wurde fünfmal ins Unterhaus des japanischen Parlaments gewählt. Er war als stellvertretender Justizminister und Vorsitzender des Komitees für äußere Angelegenheiten des Unterhauses tätig und ist gegenwärtig im „Schattenkabinett“ der LDP für die Erneuerung von Politik und die Reformierung des Beamtensystems verantwortlich.

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