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Willkommen auf der Seite der "Textinitiative Fukushima"

Aktuelles

Leck in der Aufbereitungsanlage / Fukushima: Austritt von radioaktivem Wasser im Februar 2024

"Aus einem Leck am zerstörten Atomkraftwerk Fukushima in Japan sind nach Angaben des Betreibers rund 5500 Liter radioaktives Wasser ausgetreten. Rund um die Anlage seien jedoch keine Anzeichen einer Verseuchung festgestellt worden, sagte eine Sprecherin des Betreibers Tepco am Donnerstag. Das Wasser sei am Mittwochmorgen ausgetreten, ein Angestellter habe das Leck beim Reinigen eines Filters entdeckt. Es wurde dann direkt geschlossen.(Stern, 8. Februar 2024)

"The cause of this incident is currently under investigation, but we will continue to appropriately investigate the cause and take measures to prevent recurrence," Tepco said." (World Nuclear News, 7. Februar 2024)

"東京電力によりますと、7日午前8時50分すぎ、福島第一原発で、汚染水の放射性物質を取り除く浄化装置がある建物の排気口から外部に水が漏れ出しているのを作業員が見つけました。" (NHK)

Links: https://www.stern.de/panorama/fukushima--rund-5500-liter-radioaktiven-wassers-aus-akw-ausgetreten-34440740.html
https://www.merkur.de/welt/fukushima-japan-atomkraftwerk-akw-panne-unfall-radioaktiv-zr-92822747.html
https://www.world-nuclear-news.org/Articles/Contaminated-water-leak-at-Fukushima-Daiichi
https://www3.nhk.or.jp/lnews/fukushima/20240207/6050025255.html (NHK)
https://www3.nhk.or.jp/news/html/20240208/k10014352571000.html


Rezension I Vincent J. "Intondi: "Saving the World from Nuclear War. The June 12, 1982 Disarmament Rally and Beyond" (2023) aus der Reihe Johns Hopkins Nuclear History and Contemporary Affairs

"„Aufstehn! Für den Frieden“ – unter diesem Motto versammelten sich am 10. Juni 1982 rund eine halbe Million Menschen auf der Bonner Hofgartenwiese zur berühmtesten von vielen Großdemonstrationen der Friedensbewegung gegen den NATO-Doppelbeschluss. Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Kirchen, Grünen und der SPD forderte dort die Entmilitarisierung der Gesellschaft und die „Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa“, während sich zeitgleich auf der anderen Rheinseite 15 Staats- und Regierungschefs zu einem NATO-Gipfel beim damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) trafen. Bei der Schlusskundgebung performte der Aktionskünstler Joseph Beuys den Song „Sonne statt Reagan“ und die Theologin Dorothee Sölle erklärte, dass die Friedensbewegung nicht nur eine andere Interpretation der Bergpredigt als der Bundeskanzler, sondern auch eine andere Vorstellung von Freiheit als US-Präsident Reagan habe. Doch nicht nur in der Bundesrepublik und in Europa, wo im Folgejahr 108 Pershing-II-Raketen und 464 Cruise Missiles stationiert wurden, wodurch der Kalte Krieg nach der Kubakrise von 1962 seinen zweiten Höhepunkt errreicht3, kam es zu historischen Großdemonstrationen und beispiellosen Protestaktionen im Stile des zivilen Ungehorsams." (nach Rohrmoser 2024)

Richard Rohrmoser, Rezension zu: Intondi, Vincent J.: Saving the World from Nuclear War. The June 12, 1982 Disarmament Rally and Beyond. Baltimore 2023 , ISBN 978-1-4214-4640-0, In: H-Soz-Kult, 25.01.2024.

Link: https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-139801


Thema Atomwaffen (2024): Europäischer Nuklearschirm

"Wir sollten anfangen, mit der Atommacht Frankreich zu reden, nicht nur die Deutschen, auch andere europäische Staaten sind damit gemeint. Ich sehe keine einfache Lösung für einen europäischen Nuklearschirm. Aber man sollte zumindest einen politischen Prozess starten, in dem man die Frage der Nuklearmacht EU mit Frankreich zu diskutieren beginnt. Es gibt von Präsident Macron Angebote, auf die man sich einlassen könnte." (Carlo Masala, Frankfurter Rundschau, 19. Januar 2024)

Links: https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/sicherheitsexperte-carlo-masala-wir-haetten-die-staerkste-konventionelle-armee-in-europa-92783151.html?utm_source=pocket-newtab-de-de#
https://www.swp-berlin.org/publikation/franzoesischer-nuklearschirm-fuer-europa-mehr-sicherheit-oder-falsche-hoffnung
https://internationalepolitik.de/de/nuklearmacht-europa
https://de.wikipedia.org/wiki/Kernwaffen_in_Deutschland


Geschichte des Atomaren - Marie Curies Radium-Institut: Abriß vorerst gestoppt

"Eigentlich hätte heute der letzte Tag des Pavillon des Sources anbrechen sollen, eines kleinen Backsteingebäudes vom Anfang des letzten Jahrhunderts, einst Teil des von Marie Curie ins Leben gerufenen Radium-Instituts. Nach den Plänen des Curie-Instituts, dem der Bau gehört, würde er jetzt abgerissen, um für ein neues Forschungsgebäude Platz zu machen. Denn der Pavillon wird seit Jahren nicht benutzt: Er ist faktisch unbegehbar, weil er stark radioaktiv belastet ist. Doch quasi in letzter Minute wurden Denkmalschützer auf das Vorhaben aufmerksam, schalteten den französischen Präsidenten ein – und das Ministerium für Kultur stoppte das Projekt." (Spektrum, 8.1. 2024)

"Das ist keine außergewöhnliche Architektur, aber symbolisches Kulturerbe, ein Memorial, das ist sein Wert. Und dazu noch einen Garten zerstören in diesen Zeiten, das ist Nonsens, das ist absurd. Keine 200 Meter vom Pantheon entfernt, wo Marie Curie als erste Frau ihre Ruhestätte gefunden hat." (SWR 2)
Kulturerbe-Beauftragter Stéphane Bern in France Culture

Links: https://www.spektrum.de/news/denkmalschutz-warum-marie-curies-pavillon-nicht-abgerissen-wird/2203417
https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/geplanter-abriss-eines-teils-des-institut-curie-verseuchtes-kultur-denkmal-100.html


Rezension "Engaging the Atom. The History of Nuclear Energy and Society in Europe from the 1950s to the Present" (2021)

Kaijser, Arne; Lehtonen, Markku; Meyer, Jan-Henrik; Rubio-Varas, Mar (Hrsg.), Engaging the Atom. The History of Nuclear Energy and Society in Europe from the 1950s to the Present. Morgantown 2021: West Virginia University Press, ISBN 978-1-952271-32-8; IX, 337 S.

Rezensiert für H-Soz-Kult von: Christian Götter, Institut für Geschichtswissenschaft, Technische Universität Braunschweig

Der von Arne Kaijser, Markku Lehtonen, Jan-Henrik Meyer und Mar Rubio-Varas herausgegebene Band ist im Kern ein Ergebnis eines von Euratom geförderten Forschungsprojekts zur „History of Nuclear Energy and Society“ (HoNESt), dessen Ziel es war, das Verhältnis von Kernenergie und Gesellschaft in 19 europäischen Ländern von Spanien bis Finnland und vom Vereinigten Königreich bis Russland sowie in den USA historisch und sozialwissenschaftlich zu untersuchen. Das Ziel des Bandes mit seinen neun interdisziplinären Beiträgen, die von einer Einleitung und einem Fazit der Herausgeber gerahmt werden, besteht darin, der Frage nachzugehen, wie man die deutlich unterschiedlichen Umgangsweisen der untersuchten Gesellschaften mit der (hier primär zivilen) Atomenergie erklären kann. Dies, so argumentieren die Herausgeber, könne letztlich nur durch einen vergleichenden Ansatz herausgearbeitet werden. Tatsächlich gibt es (fast) keinen Beitrag im Band, der sich allein mit der Situation in einem Land befasst. Vielmehr greifen die Beiträge mehrheitlich auf die Ergebnisse des HoNESt-Projektes in Form der hier erarbeiteten „Short Country Reports“ zurück und arbeiten auf deren Basis produktiv vergleichend.[1] Die Antwort, die die Herausgeber auf dieser Grundlage für die von ihnen aufgeworfene Frage geben, besteht in der „central hypothesis“, dass es zum Verständnis der „multiple and multifaceted nuclear-societal relations in Europe and elsewhere“ notwendig sei, genau zu untersuchen, wie sich die wechselseitige Interaktion von Gesellschaften und Kernenergie historisch entwickelt habe (S. 9). Sie besteht – in anderen Worten – nicht zuletzt in dem auch explizit gemachten Aufruf, die Geschichte der Kernenergie als „Public Technology“ weiter zu erforschen (S. 10). Für eben diese weitere Forschung liefern die Beiträge des Bandes nicht nur solide Grundlagen, sondern weisen auch interessante Richtungen auf, indem sie einige im Feld lang tradierte Überzeugungen in Frage stellen.
[...]
In ihrem Fazit betonen die Herausgeber, dass die vielgestaltige Geschichte der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit der Kernenergie prägend für die gegenwärtigen Situationen in den untersuchten Ländern ist, weshalb sie nicht außen vor gelassen werden kann, wenn man sich mit der (weiteren) Entwicklung der Technologie befasst. Auch heben sie hervor, dass in der Interaktion von Kernenergie und Gesellschaften – von der lokalen bis zur europäischen Ebene – nicht nur die Technologie, sondern auch die Gesellschaften selbst, etwa „the nature and quality of democracy“ verhandelt wurden (S. 280). Sie leiten daher aus der Kernenergiegeschichte einige allgemeinere Schlussfolgerungen ab: So sei es für das erfolgreiche Umsetzen von Projekten zentral, die Perspektiven Betroffener frühzeitig zu berücksichtigen, was allerdings keine Garantie für eine Akzeptanz biete. Eine weitere zentrale Bedingung sei die Pflege eines intakten Vertrauens in Institutionen – auch über die direkt an der Kernkraft beteiligten Akteure hinaus. Denn Atomenergie gelte grundsätzlich als „highly transformative of local societies and landscapes“ (S. 282). Immer sei die grundsätzlich transnationale Technologie eng mit grundlegenden Werten und Identitäten verbunden. Sie werde daher, auch in Form ihrer Überreste, ein politisches Thema bleiben – sowohl dort, wo sie inzwischen hauptsächlich ausgebaut werde, namentlich in Asien, als auch in Europa. Hier sehen sie die besondere Herausforderung, dass ein abnehmendes Interesse an ihr – nicht zuletzt auch bei Studierenden – auf einen langfristig notwendigen, fachlich kompetenten Umgang mit der Technologie trifft. Hier seien auch Geistes- und Sozialwissenschaften gefragt, wie der vorliegende und zu weiterem Nachdenken anregende Band beispielhaft demonstriert.

Anmerkung:
[1] Diese sind aktuell unter https://academica-e.unavarra.es/xmlui/handle/2454/38269 (13.12.2023) zu finden.
Diese Rezension wurde redaktionell betreut von Heike Wieters <wieterhx@geschichte.hu-berlin.de>
Link: https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-128866

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