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Willkommen auf der Seite der "Textinitiative Fukushima"

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Rezension zu John Herseys Reportage „Hiroshima“ (1946)

"Eine frühe Episode dieser Bestimmung japanisch-amerikanischer Verflechtungen nach 1945 zeigt sich symbolhaft in der Reportage Hiroshima (1946) des Schriftstellers und Kriegsreporters John Hersey (1914-1993), die nun 2023 durch die Übersetzung von Justinian Frisch und Alexander Pechmann in neuer Auflage beim Verlag Jung und Jung vorliegt. Ergänzt ist diese Edition um ein 1985 verfasstes Kapitel über die Spätfolgen der Bombe. Hersey reiste im Mai 1946 nach Hiroshima und sammelte kein Jahr nach dem Atombombenabwurf Erfahrungsberichte von sechs Überlebenden, trotz Widerstand der amerikanischen Besatzungsbehörden. Was seitens des Verlagstexts als eine der wichtigsten journalistischen Arbeiten des 20. Jahrhunderts beworben wird, ist in der Tat ein Meilenstein der öffentlichen Wahrnehmung über das menschliche Zerstörungspotential im Atomzeitalter [...]

Die Selbstpositionierung Herseys als Aufklärer über die Atombombe und das anonyme Sterben im Weltkrieg beschert ihm eine transnationale und zeitlose Bedeutung als Dokumentar der Gräueltaten des 20. Jahrhunderts und des Atomzeitalters. Auch das 1985 veröffentlichte Zusatzkapitel verdeutlicht diesen Appell und spiegelt zugleich die Angst des Autors wider, dass die Ereignisse in Hiroshima in Vergessenheit geraten könnten. Dabei wird der übergreifende Kontext zwischen den Atombombenabwürfen in Japan und der Realität des Kalten Krieges sowie dem Potential der atomaren Apokalypse hergestellt. Hersey durchbricht den Stil der vorherigen Kapitel mit Einschüben über das aktuelle atomare Zeitgeschehen und verleiht dem Werk auch dadurch bis heute eine unverminderte Relevanz. Bereits 1949 erscheint eine japanische Übersetzung, die, wie man nachliest, nie außer Druck gegangen ist"

Christian Chappelow für literaturkritik.de, 25. Juli 2023

Link: https://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=29829


Kühlwasser Verklappung im August 2023

"Storage tanks holding the cooling water at the ruined facility are full. Japan has had to cool the reactors at the nuclear power plant since they were destroyed during a catastrophic tsunami in 2011. It takes 170 tons of cooling water per day to keep them cool. In addition, rain and groundwater have been seeping into the site. There are 1,046 storage tanks holding 1,343 million cubic meters of water. Once the water has been filtered, it is considered safe and sent through a one-kilometer (0.62 mile)-long tunnel before being released into the Pacific Ocean — a process that will take an estimated 30 years to complete. The radioactive waste, meanwhile, will remain on land." (dw 23. August 2023)

Links: https://www.meti.go.jp/english/speeches/ministers_statements/2023/20230824.html

https://www.dw.com/en/fukushima-nuclear-water-release-how-safe-is-it/a-66608666


Kohei Saitos "Systemsturz" (2023) und sein Blick auf Fukushima - eine Rezension von Thomas Schwarz

"Fukushima als Probe aufs Exempel für das revolutionäre Potential Japans

Zu den revolutionären kommunistischen Forderungen von Saito gehört die „Vergesellschaftung großer Ölkonzerne, von Großbanken und digitaler Infrastruktur“ (sprich: Google, Apple, Facebook und Amazon). Um in dem von Marx verheißenen „Reich der Freiheit“ anzukommen, gelte es, ein „System“ zu „zerschlagen“, das auf „endloses Wachstum“ ausgerichtet ist und „die Menschen zu überlangen Arbeitszeiten und schrankenlosem Konsum antreibt“. Das in Verbindung mit dem Aufruf zu Massenprotesten öffentlich zu verlangen, erfordert beträchtlichen Mut in einem Land, das so konservativ ist wie Japan. Umso erstaunlicher ist die positive Resonanz, die Saitos Manifest in der japanischen Leserschaft gefunden hat. Die Rede ist von einer halben Million verkaufter Exemplare, das sind bald vier Prozent der Bevölkerung Japans. Saito ist ein Anhänger der These, die von der Politologin Erica Chenoweth aufgestellt worden ist. Sie prognostiziert große gesellschaftliche Umwälzungen für den Fall, dass „3,5 Prozent der Menschen gewaltlos und entschlossen aufbegehren“. Wenn die Bereitschaft, sich lesend auf einen komplexen Gedankengang einzulassen, auch zu einer politischen Handlungsfähigkeit führte, die diesem entspricht, dann könnte am Ende Japan das Land sein, das anderen den Weg in die Zukunft weist. Vorläufig spricht dagegen, dass das de facto verstaatlichte Tokyoter Energieversorgungsunternehmen Tepco seit dem 24. August 2023 aus den Tanks der havarierten Reaktoranlage von Fukushima mit Tritium kontaminiertes Wasser in den Pazifik pumpen kann, ohne dass es in Japan zu nennenswerten Protesten gekommen wäre. Obwohl es auch Wissenschaftler gibt, die vor einer unzureichenden radiologischen und ökologischen Folgenabschätzung der Einleitung warnen, nimmt noch immer mehr als die Hälfte der japanischen Bevölkerung der Firma Tepco Presseerklärungen mit Sicherheitsversprechen ab. Würde man in Fukushima hingegen Saitos Vorschlag folgen, nicht nur Elektrizitätswerke, sondern die ganze damit in Verbindung stehende Infrastruktur, also auch die Reaktorruinen, als Commons auf lokaler Ebene von den Bürgern verwalten zu lassen, würden sich wohl die unmittelbar betroffenen Fischer von Fukushima mit einem „Nein“ durchsetzen." Thomas Schwarz, Literaturkritik.de (4. September 2023)

Hinweis: Am 8. September findet in der berlin-brandenburgischen Akdamie der Wissenschaften ein Gesprächsabend mit Kohei Saito statt (https://www.dtv.de/autor/gregor-wakounig-19159 https://www.bbaw.de/veranstaltungen/veranstaltung-marx-meets-degrowth-on-the-origin-of-gegrowth-communism)


Fundstück - Traditionelles Kunsthandwerk und FUKUSHIMA: Negaidama von Hayakawa Minako

"Zusätzlich dazu, die Menschen zum Nachdenken über traditionelles volkstümliches Kunsthandwerk anzuregen, gab diese Bewegung auch einen Anstoß dazu, ganz neue Produkte zu kreieren. Hayakawa bemerkte, dass diese Entwicklung „mit dem Wiederaufbau verknüpft war“ in Form eines Vermittelns von Impulsen, und sie begann, völlig neue Papiermaché-Formen herzustellen. Ihr erstes neues Produkt war ein negaidama oder „Wunschball“, der auf ein okiagari koboshi mit traditionellen japanischen Mustern gemalt wurde, die Glück bringen sollen. Später beteiligte sie sich an einem Akabeko-Projekt, das den Wiederaufbau in den betroffenen Gebieten durch Mal-Workshops und Ausstellungen von akabeko unterstützte, die von unterschiedlichsten Menschen kreiert worden waren. Im Rahmen dieses Projekts schuf Hayakawa eine Kuh mit einem Wellenmuster, das als seigaiha bekannt ist. Seigaiha ist ein traditionelles japanisches Muster, bei dem die sich ins Unendliche fortsetzenden Wellen die Vorstellung von anhaltendem Glück verkörpern. Auf der anderen Seite erinnert das Muster aber auch an den Tsunami, der derart tragische Verheerungen anrichtete. Hayakawa: „Auch wenn ich unmittelbar nach dem Erdbeben zögerte, dies so deutlich zum Ausdruck zu bringen, wollte ich doch nicht, dass die Menschen den Tsunami vergessen. Ich bemalte daher die Kühe auch deshalb mit diesem Muster, um die Entschlossenheit zum Ausdruck zu bringen, dass wir den Tsunami überwinden werden.“" (HAYAKAWA Minako/ Mai 2023, BOTSCHAFT VON JAPAN - Kultur)

Link: https://www.de.emb-japan.go.jp/NaJ/NaJ2305/post_two.htm


70 Jahre HIROSHIMA und Oe Kenzaburos Kommentar (August 2015)

"Seventy years ago today, at 8:15 in the morning, the U.S. dropped the world’s first atomic bomb on the Japanese city of Hiroshima. Destruction from the bomb was massive. Shock waves, radiation and heat rays took the lives of some 140,000 people. Three days later, the U.S. dropped a second atomic bomb on the Japanese city of Nagasaki, killing another 74,000. President Harry Truman announced the attack on Hiroshima in a nationally televised address on August 6, 1945. Today, as the sun came up in Hiroshima, tens of thousands began to gather in Hiroshima’s Peace Memorial Park to commemorate the world’s first nuclear attack. We are joined by the acclaimed Japanese novelist and winner of the 1994 Nobel Prize for Literature, Kenzaburo Oe, whose books address political and social issues, including nuclear weapons and nuclear power. "If Mr. Obama were to come to the memorial ceremonies in Hiroshima or Nagasaki, for example, what he could do is come together with the hibakusha, the survivors, and share that moment of silence, and also express considering the issue of nuclear weapons from the perspective of all humanity and how important nuclear abolition is from that perspective—I think, would be the most important thing, and the most important thing that any politician or representative could do at this time," says Oe, who has also spoken out in defense of Japan’s pacifist constitution, which Prime Minister Shinzo Abe has pushed to amend in order to allow the country to send troops into conflict for the first time since World War II."

Link: https://www.youtube.com/watch?v=Az4Px2_3Kmc


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