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Eiscreme oder Freiheit? Prognostizierter Sieger Abe wirbt um die japanische Jugend und zielt zugleich auf weniger Demokratie im Lande

Veröffentlicht von Textinitiative am 10.07.2016
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Es gibt Rabatt auf Eiscreme aus grünem Tee für Erstwähler und jede Menge hippe Slogans, die Nippons Töchter und Söhne zum Wählen animieren sollen. Beim Oberhausvotum am kommenden Sonntag dürfen in Japan erstmals 18- und 19-Jährige ihre Stimme abgeben. Bisher galt das offizielle Erwachsenenalter, das in Japan bei 20 liegt. Mit dieser Senkung sind 2,4 Millionen zusätzliche Bürger gefragt, bei der Vergabe der  Abgeordnetenposten mitzumischen. Das sind immerhin zwei Prozent der gesamten potenziellen Wählerschaft. Premierminister Shinzo Abe verspricht sich davon einen "Jugendschub", trommelt eifrig "junge Nationalisten" an die Urne.“  (Angela Köhler / Badische Zeitung)

Wahlprognose: „Es scheint ausgemacht, dass Shinzo Abe nach seinen Wahlsiegen 2012, 2013 und 2014 auch diesmal wieder die Mehrheit gewinnen wird. Am Sonntag wählen die  Japaner das Oberhaus, die zweite, weniger einflussreiche Kammer des nationalen Parlaments. Dann wird die Hälfte aller 242 Sitze neu vergeben. Was zunächst nach einer eher unwichtigen Abstimmung aussieht, könnte sich als eine Wahl herausstellen, die das Land grundsätzlich verändert. Schafft es Abe nämlich, zwei Drittel der Plätze auf seine Liberaldemokratische Partei (LDP) und deren Mitstreiter zu vereinen, hätte er eine wichtige Hürde genommen, um die ihm ungeliebte japanische Verfassung zu ändern. Und dann wäre Japan womöglich nicht mehr das freie Land, das es seit Ende des Zweiten Weltkriegs gewesen ist.“

Zur Lage von Denken, Engagement und Fukushima-kritik: „Im letzten Jahr knöpfte sich Abes Regierung dann die Wissenschaft vor. In einem Brief an alle nationalen Universitäten drängte der damalige Bildungsminister, dass die Unis ihre Sozial- und Geisteswissenschaften abschaffen. Forschung und Lehre sollten eine "praktischere, mehr angewandte Bildung anbieten, die besser auf die Notwendigkeiten der Gesellschaft eingestellt" sei. Lieber sollen demnach Fächer wie Informatik, Robotik und Medizin gefördert werden. Schließlich seien dies die Wachstumsbranchen der Zukunft, und nicht Philosophie oder Fremdsprachen. An den Schulen stellte die Regierung zudem klar, dass sich Schüler und Lehrer nicht politisch engagieren dürfen. Offiziell, um ein ideologiefreies Lernumfeld sicherzustellen.“  (…) „Gegner der Bildungspolitik Abes klagen nicht nur über eine zunehmende Ökonomisierung, sondern auch, dass oppositionelle Kräfte generell mundtot gemacht würden. Und die sammeln sich gerade dort: an Schulen sowie in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fakultäten;“  (…) Sicherheitsgesetz: „In Kraft trat das Gesetz, als nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima immer wieder Details ans Licht kamen, die die Regierung und den Kraftwerksbetreiber Tepco stark belasteten und Lügen in den offiziellen Erklärungen offenbarten. Seit der Verabschiedung des Gesetzes ist es um Fukushima fast verdächtig ruhig geworden. In internationalen Vergleichen der Pressefreiheit ist Japan weit hinter andere liberale Länder zurückgefallen.“  (Felix Lill / Zeit Online)

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Zuletzt geändert am: 11.07.2016 um 13:11

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